Sonntag, 23. Dezember 2018

N° 31 Der Umgedrehte Tag // The Inverted Day



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Jeder kennt diese Tage, keiner mag sie. Vermeiden kann man sie aber auch nicht. Sie passieren einfach, sind da. Immer unangemeldet, ohne jede Chance auf eine Vorahnung oder auch nur den kleinsten Hinweis. Weshalb solche Tage stets zum denkbar ungeeigneten Zeitpunkt kommen? Niemand weiß es. Man hatte soviel vor, wollte alles Mögliche erledigen, - und dann so was… Alles geht schief, vor allem die kleinen Dinge funktionieren überhaupt nicht. All die lästigen Kleinigkeiten und Details die einem dann so UNHEIMLICH AUF DIE NERVEN GEHEN!

Im Kopf hat man das Gefühl alles was normalerweise rechts ist heute links und/oder umgekehrt. Als hätte jemand an einer zentralen Drehscheibe gedreht. Man trifft dann zum Beispiel den Abfalleimer nicht und alles geht daneben, also muß man den Putzlumpen aus dem Besenschrank nehmen, - aber der liegt im falschen Eck und während man sich bückt und nach ihm streckt, fällt einem der Schrubber gegen den Kopf. Oder man möchte eine Vitaminpille nehmen und beim Öffnen der Dose kullern alle zu Boden, verteilen sich wie auf ein Kommando bis in die hintersten Winkel des Zimmers. Dort gibt es scheinbar zahllose Ecken und Kanten an denen man sich den Kopf anhauen kann. Dann merkt man wie sich langsam ein Kopfschmerz ausbreitet und so etwas wie resignierte Verärgerung in einem aufsteigt.

Also möchte man sich zurückziehen…aber das funktioniert auch nicht, denn heute ist überall dort wo sonst meist Ruhe herrscht, Unruhe und Tohuwabohu und auf einmal tauchen Leute auf, die man schon lange nicht mehr gesehen hat…und alle wollen irgendwas. Das die Lieblings-Kekse und aus sind und man keine Zeit mehr hat zum Supermarkt zu gehen, brauche ich nicht erst zu erwähnen, das versteht sich an so einem umgestülpten Tag von selbst. Der Lieblingstee ist natürlich auch aus, - steht ja schon auf der Einkaufsliste von vorgestern,- das möchte ich schon erwähnen!

Mittlerweile hat man sämtliche Versuche  etwas Sinnvolles auf die Beine zu stellen aufgegeben und hofft dass dieser Tag möglichst schnell vorbei geht. Aber diesen Gefallen tut er einem natürlich nicht und die Zeit kriecht dahin, mit einem höhnischen Grinsen.

Es ist jetzt 16 Uhr, die Katze hat eine lebende Maus von draußen rein gebracht, im Keller los gelassen und dann das Interesse verloren. Nachdem ich eine halbe Stunde lang versucht habe die Maus von hinter der Schrank-Regal-Rollcontainer-Zeile im Keller raus zu holen, gebe ich auf und verliere zwar nicht das Interesse aber die Nerven… Noch schnell einen Tee machen (welchen?), dann steuere ich auf die Couch zu. Wenn ich den Stöpsel dafür finden könnte würde ich mir eine Wärmflasche für die Füße machen, so aber müssen doppelte Wollsocken genügen. Ich atme tief durch, da läutet es an der Tür, - der Postbote hatte meine Briefe versehentlich in den Briefkasten des Nachbarn geworfen, na so was…wer hätte das gedacht. Möglichst schnell zurück auf die Couch ohne. Ich lege die Füße hoch und starre in die Luft, - für sagenhafte 10 Minuten geschieht nichts…zum Glück habe ich das Telefon ausgesteckt und mein Handy ausgeschaltet. Ich blicke in meine Tasse…irgendein Tee…noch 3 Stunden bis zur Bett-geh-Zeit…
 
In diesem Sinne... Allen eine erholsame und friedliche Weihnachtszeit!


BerylliumN 





The Inverted Day






Every one knows these days, no one likes them... Unfortunately there’s no real escape, no possibility to avoid them. They are just there. They “happen”, always anannounced, without the merest hint for us in advance. And why are these days always happening when it seems to be most inappropriate? Nobody knows it.
You’ve planned to do this and that? You’ve intended to finish a particular work or wanted to get a job done? Forget about it! Everything goes wrong, especially these nasty little things and important details which are getting SO VERY ANNOYING on a day like that. It’d be better for you if you don’t even tray to stay in control of things.


There is this strange feeling in your head...as if everything which normally is on the right side, now is on the left, - or the other way round...as if someone (who the hell?) has had great fun turning the big central steering wheel in the wrong direction for no good reason and now all sides are switched. Therefore you didn’t hit the waste bin with the small shovel and the rubbish dropped onto the kitchen floor. Then you went to fetch the cleaning rag from the cupboard, but it’s in the wrong corner and while you are bending down, stretching for it, the broomstick will hit your forehead. Or you want to take a vitamine pill and when you try to open the glas they will all fall to the floor, spreading everywhere, rolling towards every remote corner of the kitchen with lots of sharp edges to bang your head on. That’s the moment when you start to get a headache. Apart from that you’d really want to hit this rotten day in the face. But since this is impossible, a feeling of tired frustration takes over and you just wish to retire to somewhere quiet. But no, that’s impossible too! Today there’s hullabaloo everwhere you expect to find peace and quietude... People are showing up you haven’t seen for ages...and everybody wants something from you...
Needless to say that you’ve run out of your favourite Cookies and tea and there’s simply no time to rush to the supermarket and get some. Of course these circumstances are standard programme on inverted days...


Meanwhile you’ll have abandoned your plan to get anything useful done and probably just hope this day will pass as quickly as possible. But no again! It wouldn’t do you this favour...time is draging on itself on a VERY slow pace with a taunting smile on its face. J Ready for the next act:
It’s 4 p.m. now, - the cat has brought a living mouse from the garden and let it go free in the cellar, then lost interest.... After I’ve spent half an hour trying to chase the mouse from under the cupboards, shelves and container alongside the wall, I didn’t loose interest but my nerves and gave up. Now I definitly need a cup of tea (which one?)! So shortly afterwards I’m heading for the couch, tea cup in hand. If I could find the peg, I’d prepare me a hot-water bottle for my feet, but today an extra pair of wollen socks must do....


The first minute I sat down on the sofa, the doorbell rings, - it’s the neighbour. Obviously the postman had accidentally put my letters in his box this morning... What a surprise...!! Now back to the sofa with speed, feet on the table, grap the tea cup and...wait....nothing happens for over 10 minutes...wow! Fortunately I unplugged the telephone and switched off my mobile. Deep breath...still nothing... I look down into my cup of...any tea...3 hours until the earliest possible bed time... I take a sip, listening to a faint scratching noise from downstairs... oh, who cares!

All the best for x-mas to everybody! Enjoy a peaceful holiday!

BerylliumN

  
 









Montag, 3. Dezember 2018

N° 30 Zum 200sten geburtstag von Max von Pettenkofer



sorry guys, - this time German only. It's a bavarian/German Thing... :-)




 

Ein herausragendes Genie aus Bayern, - genauer gesagt aus dem Donaumoos, gelegen bei der damaligen Zoll-Mautstelle Lichtenheim, wäre heute 200 Jahre alt geworden.

 
Ein derartig ausgefülltes Leben in ein paar Seiten blog zu pressen ist unmöglich, - aber wenigstens ein kurzer Abriss mit den wichtigsten Fakten ist doch notwendig:

 
Er wächst als Max (Maxl) Pettenkofer in ärmlichen Verhältnissen auf. Seine Eltern haben einen kleinen Bauernhof. Am liebsten ist er draußen in der Natur bei seinem Bekannten, - dem Schäfer Leonhard, genannt „Hartl“. Der bringt ihm alles bei, was er selbst über die umliegende Natur, die Tiere, Insekten und Pflanzen weiß. Aber er muß von klein auf viel im Haus und am Hof mithelfen, weil jede Arbeitskraft gebraucht wird.

In der Schule gilt er als fleißig, aufgeweckt und intelligent, weshalb seinen Eltern empfohlen wird ihn auf eine weiterführende Schule zu schicken. Durch die Beziehungen seines Onkels, des Hof-und Leib Apothekers des Königs in der Münchner Residenz bekommt er einen Platz in der städtischen Lateinschule. Seine Einschulung war im September 1826, zu dieser Zeit hatte München gerade mal 66.000 Einwohner und er wurde am Anfang seiner Schulzeit als „Landei“ gehänselt. Aber seine Mitschüler lernten bald seine Loyalität und seinen Mut zu schätzen und bekamen Respekt vor seinen Leistungen. Nach Abschluß der Lateinschule kommt er in das Königliche Alte Gymnasium in der Herzogspitalstraße, später Wilhelms Gymnasium genannt, wo er über die Jahre nicht weniger 15 Schulpreise erwirbt.

 
Seine humanistische Bildung, die mit ebensolcher Weltauffassung einhergeht hat er zeitlebens hoch geschätzt und in Ehren gehalten. Anschließend studierte er an der Münchner Universität Pharmazie (was ein einjähriges Philosophie-Kolleg beinhaltete) mit Vorlesungen in Mineralogie, Chemie, Toxikologie und Pharmakologie. Er war aber auch an Geisteswissenschaften interessiert und belegte Nebenfächer wie Geschichte, Literatur, Fremdsprachen und Kunsthistorik. Sein Geist war also nie nur einseitig orientiert.

 
Ab 1839 ging Max dann bei seinem Onkel, dem Hofapotheker Franz Xaver Pettenkofer in die Lehre. Allerdings gab es Streit zwischen den Verwandten, weshalb er seine Lehre unterbricht und einen „geistigen Ausflug“ in die Theaterwelt unternimmt um als Schauspieler am Regensburger Theater zu arbeiten. Zum Glück für die Welt der Wissenschaft kehrte er aber bald nach München zurück und nahm sein Studium wieder auf, - diesmal in Pharmazie und Medizin, welches er mit der bestmöglichen Note abschloß. Bei seiner Dissertation unternahm er seinen ersten Selbstversuch mit der zu beschreibenden Heilpflanze. Ein Beweis von vielen für seine Hingabe an Wissenschaft und Forschung, die er in seinen 83 Lebensjahren stets bewiesen hat. Max Pettenkofer war unermüdlich mit eben dieser Hingabe und Leidenschaft auf all jenen Gebieten tätig die ihn interessiert haben oder ihm zugetragen wurden und hat dabei im Grunde immer „die bestmögliche Note“ erreicht. :-) Hier die bekanntesten Errungenschaften die wir ihm zu verdanken haben:

 
1.) Der Arsen-Nachweis bei gerichtsmedizinisch relevanten Autopsien.

 

2.) Der zuverlässige Nachweis von Gallensäure.

 

3.) Die Entdeckung des Kreatinins, - und damit ein überaus wichtiger Beitrag zum Verständnis der Funktionsweise der Nieren.

 

4.) Während seiner Anstellung im bayerischen Münzamt die Entdeckung des Platins und demzufolge die Verbesserung der Gold/Silbertrennung.

 

5.) Die damals revolutionäre Erkenntnis über die Instabilität verschiedener Elemente.

 

6.) Die Enträtselung des Geheimnisses wie das „Hämation“, das sehr wertvolle, rote pompeianische „Blutglas“ hergestellt werden kann.

 

7.) Die Einführung des Studiengangs Hygiene an der Universität München und dessen schrittweiser Ausbau.

 

8.) Entdeckung eines Verfahrens um deutschen Zement erheblich aufzuwerten und ihn damit dem englischen „Portland“-Zement anzugleichen, - zur Freude des deutschen Bauwesens.

 

9.) Die Optimierung der Zusammensetzung von Holzgasleuchten, die für die Beleuchtung öffentlicher Räume benutzt wurden.

 

10.) Die Lösung des sogenannten „Grauschleier-Problems“ bei alten Ölgemälden. Wichtig für deren Restauration.

 

11.) Wichtige und innovative Erkenntnisse über Innenraumbelüftung und die daraus folgende Bauweise von Häusern.

 

12.) Ebenso essentielle Erkenntnisse zur Reinhaltung der Luft und erste Entdeckungen über Feinstaub (!), sowie die Einführung von Lebensmitteltests.

 

13.) Und, - dafür ist er wohl am besten bekannt: sein Kampf gegen die Cholera. In langjähriger Forschungsarbeit fand Max von Pettenkofer die Ursachen für die Verbreitung des Cholera-Erregers.

 
...und konnte in einem zähen Kampf die entsprechenden Personen davon überzeugen die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, - nämlich dem Bau einer Schwemm-Kanalisation in München (bzw. darunter). Bis dahin, also bis ca 1880, hatte München nämlich nur Sickergruben. Es mußten sämtliche Straßen aufgerissen werden, die (größtenteils undichten) Sickergruben ausgehoben und zugeschüttet werden...ein immenses Bauvorhaben mit den unausbleiblichen Folgen für die Anwohner: Lärm, Schmutz und starke Geruchsbelästigung.

Zudem mußte für sauberes Trinkwasser gesorgt werden und Max von Pettenkofer drängte auf eine Anbindung an das Mangfall-Tal...wovon München noch heute profitiert. Des weiteren wurde ein zentraler Schlachthof eingeführt um unkontrollierte Verschmutzungen des Erdreiches weitgehendst zu vermeiden. Teilweise waren die von Pettenkofer geforderten Maßnahmen nicht gerade populär, weil sie eben für manchen Münchner Unannehmlichkeiten brachten, konnten aber trotzdem zum langfristigen Wohle Aller durchgesetzt werden, wofür man aus heutiger Sicht nur dankbar sein kann…

 
1883 wurde Max Pettenkofer schließlich von König Ludwig II in den Adelsstand gehoben und hieß fortan Max von Pettenkofer. Seine zahlreichen anderen Auszeichnungen kann man problemlos im Netz nachlesen.

 
Leider wurde dieser großartige Wissenschaftler in seinen letzten zwei Lebensjahren zunehmend von gesundheitlichen Beschwerden geplagt, für die es zu seiner Zeit noch keine adäquaten Heilmittel gab. Möglicherweise hätte er sie erst selbst erfinden müssen… ;-) Er hatte starke Schmerzen und die Befürchtung sein Verstand könnte ihn langsam verlassen. Dies veranlasste ihn dazu sich am 10.02.1901 das Leben zu nehmen. Er erschoss sich mit einer Pistole.

 
Warum schreibe ich etwas zum 200sten Jahrestag seiner Geburt? Nun, zum Einen ist mir beim Lesen seiner Biographie klar geworden was man ihm und seinem Wirken alles zu verdanken hat, und zwar ganz konkret im heutigen, alltäglichen Leben. Zum Anderen habe ich sehr großen Respekt vor seinen Denkansätzen, denn sie umspannten oft mehrere wissenschaftliche Gebiete, waren mutig und innovativ, ohne in Größenwahn oder Selbstüberschätzung umzuschlagen. Zudem waren sie gekennzeichnet von präziser Analyse die mit großer Hartnäckigkeit voran getrieben wurde bis ein Ergebnis in Sicht war. Auch das ist ein harter Weg, der leider oft gescheut wird. Und zu guter Letzt schätze ich die Art, wie er sein ganzes Leben seinem Beruf gewidmet hat, und das offenbar ohne zu einem verbohrten Quälgeist zu werden.

 
All dies zusammen genommen stellt für mich das genaue Gegenteil von Kleingeistigkeit dar.

 
Danke, Max von Pettenkofer für alles!    R.I.P

 

 
BerylliumN